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Ukrainische Baptistenunion bittet um eine Entschuldigung

Zweite Hälfte einer Meldung vom 24. Mai 2018 zum Moskauer Baptistenkongreß

 

Bedauerlicherweise war die Baptistenunion der Ukraine beim Moskauer Kongreß am 22. Mai 2018 nicht offiziell vertreten. In einem Brief an Moskau aus Kiew hatten die Ukrainer die russische Seite gebeten, sich für eine Stellungnahme auf dem Sankt-Petersburger Kongreß vor vier Jahren zu entschuldigen. Verfaßt nur wenige Wochen nach dem Maidan und dem dramatischen Sturz der Regierung Janukowitsch, hatte die Stellungnahme vom 30. Mai 2014 die theologische Rechtfertigung für einen von der Straße initiierten Staatsstreich in Frage gestellt. Darin hieß es: „"Wir fühlen uns der biblischen Lehre verpflichtet, die den gewaltsamen Sturz einer legalen Staatsmacht und den Nationalismus ablehnt und eine Lösung sozial-politischer Differenzen nur auf dem Wege von politischen Verhandlungen erlaubt“ (siehe unsere Meldung vom 24. Juli 2014.)

 

Wohl deshalb brachte der ehemalige RUECB-Präsident Juri Sipko auf dem diesjährigen Kongreß den Vorschlag ein, sich von der Stellungnahme vor vier Jahren zu distanzieren. Sipko ist als Verfechter abweichender Positionen bekannt. Doch der Vorschlag scheiterte bzw. soll bei der nächsten Sitzung des Unionrats im kommenden Herbst ausdiskutiert werden. Stattdessen wurde am 21. März ein Brief an Wladimir Putin verabschiedet, der ihm zu seinem Wahlsieg gratulierte. Darin heißt es u.a.: „Gott hat Sie zum Präsidenten Rußlands gemacht, eines einmaligen Landes mit einer großen und glorreichen Vergangenheit. Dank Ihres Wirkens und des Wirkens Ihres Teams von Experten, ist Rußland wieder zu einem starken Land mit einer festen und klaren Position in der gesamten Welt geworden. . . . Die Einheit Rußlands wird immer stärker und echter. Ich bin sicher, Sie werden sich weiterhin den traditionellen geistlichen und moralischen Werten verpflichten fühlen. Gemäß des Wortes Gottes, der Bibel, werden die Gemeinden der Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten Sie mit ihren Gebeten unterstützen. Wie bisher werden sich unsere Brüder und Schwestern alle Mühe geben, nicht nur das himmlische Reich, sondern ebenfalls ihr irdisches Vaterland – Rußland - aufzubauen.“

 

Noch am selben Tag meldete sich Igor Bandura, der Stellvertreter des ukrainischen Unionspräsidenten, auf Facebook mit der ironischen Bemerkung, dies sei „ein Beispiel mehr für das unpolitische Christentum nach dem Verständnis der RUECB. Traurig.“ Bereits vier Jahre zuvor hatten die Ukrainer gegen einen Brief der RUECB protestiert, der Putin wegen seiner Unterstützung traditioneller moralischer Werte lobte. Die Ukrainer hatten dem geschiedenen russischen Präsidenten vorgeworfen, diesbezüglich ein Heuchler zu sein – was uns heute an Donald Trump erinnert. Auf Facebook am 30. März wies Juri Sipko darauf hin, daß sein Sohn Sergei, der scheidende Leitende Vizepräsident des Bundes, den Brief vom 21. März an Putin nicht unterstützt hatte.

 

Besonders erstaunlich wirkt deshalb der Besuch der Leitung der RUECB beim Bund in Kiew am 24. und 25. April. Das war der erste Besuch der Leitungsspitze der beiden Unionen auf russischem oder ukrainischem Boden seit vier Jahren. Beim Moskauer Kongreß hatten die Delegierten bestimmt, daß die RUECB-Leitung einen Besuch nach Kiew zu unternehmen hatte.

 

Angesichts des Vorspiels, läßt sich der Besuch der beiden Unionen durchaus als Durchbruch bezeichnen. Gerade auch deshalb sind manche Beobachter optimistisch. In der ukrainischen Pressemeldung rufen die Russen ihrerseits – wie üblich – für die Wiederaufnahme von Beziehungen und eine breitgefaßte Zusammenarbeit auf. Die Ukrainer ihrerseits fordern „eine objektive und wahrhafte Berichterstattung über Ereignisse in allen Fällen“. Der Angriff der Meldung auf „Zombifizierung“, „Hybridismus“ und „Post-Wahrheit“ richtet sich offensichtlich gegen alle, die Verständnis für die Position des russischen Staates äußern. Die Russische Union – abgesehen von den Briefen an Putin! – bleibt weniger politisch und betont die Notwendigkeit einer Kooperation zwischen Russen und Ukrainern zwecks des missionarischen und humanitären Auftrags. Ukrainische Baptisten bleiben davon überzeugt, daß sie die Opfer einer Aggression sind – obwohl Menschen weiter östlich die ursprüngliche Aggression im Maidan-Aufstand erkennen.

 

Die Pressemitteilung der RUECB über den Kiewer Besuch berichtet von einer aufgekommenen Nostalgie bezüglich glücklicher Zeiten in der Sowjet-Ära, in denen die beiden Unionen noch eine Einheit bildeten. Artur Mitskewitsch z.B. hatte jahrelang als Pastor in der Ukraine gedient und verbrachte seine Jahre im Ruhestand bis zu seinem Tode in Kiew. Die Mitteilung fügte hinzu: „Wir waren uns einig in unserer Sorge bezüglich der Verantwortung der Kirche für die Stiftung von Frieden zwischen den Kriegsparteien durch Gebete, gute Werke und das Wort Gottes . . . . Wir rufen alle Nationen dazu auf, sich mit Gott und einander zu versöhnen.“ Es ist erfreulich, daß auch die Meldung der ukrainischen Seite zu einer friedlichen Lösung des Konflikts in der Ost-Ukraine aufruft.

 

Bald nach der Kiewer Begegnung besuchte am 14. Mai eine von Peter Mitskewitsch geführte Delegation der RUECB die junge „Union der Kirchen der Evangeliumschristen-Baptisten auf der Krim“. Die Baptistengemeinden auf der Halbinsel sind etwa 50-50 gespalten in der Frage, ob sie der Unionsleitung in Kiew oder Moskau unterstehen. Signifikant ist die Tatsache, daß sich die besuchte Union nach Kiew richtet. Andere Gemeinden sind bereits in der RUECB aufgenommen worden.

 

Am 27. März leerten Militärkräfte eine Kapelle der nichtregistrierten Baptisten in Stachanow, einer Stadt in der pro-russischen „Volksrepublik Lugansk“. Sie ließen sogar die sanitären Anlagen mitgehen. Solche Vorfälle sind zweifellos meistens darauf zurückzuführen, daß ukrainische Baptisten von den östlichen Machthabern als unverbesserlich pro-westlich eingestuft werden. Die Beziehungen zwischen Protestanten und dem Staat im östlichen Donbass werden sich bessern erst in dem Falle, daß die ukrainischen Baptisten verstärkt zu einer überparteilichen Haltung übergehen.

 

Dr. phil. William Yoder
Chabarowsk, den 24. Mai 2018

 

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