Auf der Krim und im Donbass wird die Liebe Christi obsiegen
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Das Problem mit der selektiven Trauer
M o s k a u – Seit dem 7. Juli sind die registrierten Evangeliumschristen-Baptisten auf der Halbinsel Krim offiziell gespalten. An diesem Tage trafen sich Delegierte aus 28 Gemeinden in Simferopol, um ihren Wechsel von der Kiewer „All-Ukrainischen Union von Kirchen der Evangeliumschristen-Baptisten“ zur Moskauer „Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten“ offiziell zu vollziehen. Ihr Gemeindeverband wird nun als Filiale der Region-Süd im RUECB fungieren. Leiter dieser neuen Gruppierung ist Aleksander Maikan aus Aluschta (nahe Jalta). Nicht anwesend waren die rund 39 übrigen Ortsgemeinden aus dem ukrainischen Baptistenbund, die von Pastor Weniamin Juchimez aus Jalta angeführt werden.
Bei seinem Schlußbeitrag auf der Konferenz in Simferopol versicherte RUECB-Präsident Aleksei Smirnow, das Engagement seiner Union sei lediglich „vom Wunsch, den Kirchen und ihrem Dienst unter den neuen Bedingungen eine Hilfe zu sein“, motiviert. Dennoch bleibe die RUECB offen für die Zusammenarbeit mit allen baptistischen Gemeinden in der Republik Krim, „unabhängig vom juristischen Status, den sie für sich gewählt haben“. Die RUECB hat immer wieder betont. daß allein die Menschen auf der Krim die Frage der kirchlichen Zugehörigkeit zu entscheiden hätten.
Eine hitzige Reaktion von Michail (Michalko) Tscherenkow aus Irpen/Ukraine, die am 10. Juli zuerst auf der Moskauer Webseite „Portal-Credo“ erschienen ist, stellte jedoch fest, daß die Leiter der russischen Union fortan keine Brüder seien. In seinem Aufsatz behauptete Tscherenkow, Waleri Antoniuk, Präsident der Kiewer Union, hätte der Moskauer Bundesleitung vorgehalten, einseitige Informationen zu verbreiten, daß deren Deutung der Entwicklungen einen „russischen Abdruck“ aufweise. Antoniuk, den Smirnow zum Simferopoler Ereignis eingeladen hatte, begründete sein Fernbleiben mit einem vollen Kalender. Nach Tscherenkow sei der ukrainische Präsident völlig zurecht der „schändlichen“ Handlung ferngeblieben.
Der aus Rußland stammende Tscherenkow schrieb am Schluß seines Aufsatzes: “’Die Krim gehört uns’, sagte Putin. ‚Die Krim gehört uns’, wiederholt Smirnow. . . . Doch bin ich nicht länger naiv. Einst taten mir die russischen Brüder leid. Ich erspürte deren Leid und Unterdrückung, deren Erniedrigung und Verhöhnung. Doch nun erkenne ich, daß auch sie Diener des Ungeheuers sind. Sie sind nicht nur unglücklich, sondern auch mitschuldig. Die Gewalten von oben haben ihnen die vorderen Zähne ausgeschlagen, also benutzen sie nun die Restlichen, um die zu beißen, die noch tiefer stehen, schwächer und wehrlos sind.“
Dr. Tscherenkow, der wohl bekannteste evangelikale Intellektuelle der Ukraine, gilt als die rechte Hand von Sergei Rakhuba und seiner in Wheaton/Illinois beheimateten “Mission Eurasia” (einst “Peter Deyneka Russian Ministries”). Er leitet ferner deren Partnerschaft mit der britischen „Baptist Mission Society“.
In einem späteren Interview in Moskau gab Smirnow zu Protokoll, daß sich die Gruppe außerhalb der RUECB bereits wenige Tage vor der Konferenz am 7. Juli als eine selbständige religiöse Organisation hatte registrieren lassen. Er berichtete, schon im Februar 2014 hätte die anschlußwillige Gruppe die Bereitschaft bekundet, der RUECB beizutreten. Doch damals hatte ihnen die RUECB geraten, sich in Geduld zu üben und abzuwarten.
Ein entsetzter Grigori Berg, Pastor der RUECB im arktischen Murmansk, reagierte auf Tscherenkow mit einem Brief am 21. Juli. „Die Krim gehört weder euch noch uns!“ rief er aus. Wer weiß schon, wie die Sachen in 30 Jahren aussehen? Seit Jahrhunderten gestalten die Mächtigen die Landkarten um. Die Krim-Frage sollte die Gemeinden nicht im Geringsten bekümmern, versicherte er. Haben Jesus und seine Jünger ihre Zeit damit verbracht, gegen die Okkupanten aufzubegehren? „Kehrt wieder zu eurem Verstand zurück!“, meinte er. „Die Kirche sollte nicht um Territorien kämpfen, sondern um menschliche Seelen!“
Berg wehrte sich gegen den Vorwurf Tscherenkows, es handele sich um eine „schleichende Annexion“. Er berichtete vielmehr von der tiefen Liebe und Bewunderung, die russische und ukrainische Baptisten bis vor kurzem füreinander verspürt hätten. Scharf wies er die Behauptung zurück, der russische Partner sei nun dabei, den ukrainischen zu verschlingen. Der Pastor beschrieb die Haltung der RUECB als logisch und selbstlos.
Ein Kommentar des Bloggers “Vitaly” auf der lettischen Webseite “Baznica” verwies auf die Reaktion der anderen nationalen Unionen, als die ukrainische – die größte innerhalb des alten sowjetischen Rats der Baptisten – 1990 von Moskau nach Kiew umzog. Damals habe keiner den Ukrainern Verrat oder Separatismus vorgeworfen. Man hatte sich stattdessen mit der Zusicherung getröstet, die Ukrainer hätten sich jedenfalls „nicht von Gott entfernt“. Abschließend behauptete „Vitaly“, Pro-Maidan-Stimmen wie Tscherenkow und der nationale Sicherheitschef Oleksandr Turtschinow würden „Schande auf alle Baptisten häufen“.
Kommentar: Die selektive Trauer über Donbass
Der erste Jahrestag des Abschusses des malaysischen Flugzeugs über Donbass am 17. Juli führte zu einer neuen Welle von Kommentaren. Auf seiner Facebook-Seite bildete Michail Tscherenkow eine Reihe der Opfer ab, jeweils mit der Unterschrift: „Hätte es Putin nicht gegeben, wären wir noch am Leben.“ Tscherenkow kann einen solchen Stil wohl kaum gemeint haben, wenn er von einem neuartigen und verantwortungsvollen Beitrag der ukrainischen Protestanten im politischen Bereich berichtete.
Viele Fragen bezüglich des Fluges MH-17 bleiben unbeantwortet. Wo befinden sich die Tonaufnahmen und der Dispatcher vom Kiewer Kontrollturm an jenem Tage? Wo sind die hochwertigen US-Satellitenaufnahmen geblieben? Nach dem Abschuß eines sibirischen Jets über dem Schwarzen Meer durch ukrainische Seekräfte am 4. Oktober 2001 lieferten die USA umgehend Satellitenaufnahmen, die zeigten, daß eine Rakete die Katastrophe verursacht hatte. (Siehe „Wikipedia“.) Warum hat die von Holland geführte Untersuchungskommission zu MH-17 der ukrainischen Seite (eine der verdächtigten Parteien) ein Veto-Recht über alle Ergebnisse eingeräumt? Den ebenfalls unter Verdacht stehenden Russen wird nicht einmal die Mitgliedschaft im Komitee gewährt. Siehe hierzu z.B.: http://www.globalresearch.ca/why-does-the-west-allow-the-ukrainian-government-to-write-the-official-report-on-the-shoot-down-of-mh-17/5415312”. Wie kann man von einer russischen Schuld ausgehen, ohne offizielle Ergebnisse abgewartet zu haben? Warum war 2001 alles noch so leicht gewesen?
Zählt man noch die 290 Toten von dem iranischen Flieger hinzu, der am 3. Juli 1988 über dem Persischen Golf von der USS Vincennes abgeschossen worden ist, ergibt sich eine Summe von 666 Toten in den drei Fällen. Nicht zu vergessen ist auch der Abschuß eines koreanischen Jumbos durch die sowjetische Luftwaffe am 1. September 1983 mit 269 Toten. Nach „Wikipedia“ sind bis zu 40 zivile Flugzeuge seit 1940 von Armeen und Terroristen in der Luft zerstört worden. Alle diese Opfer sind unserer Trauer und unserer Gebete würdig. Die selektive Trauer untergräbt das christliche Zeugnis überall dort, wo Menschen eine gegenteilige politische Auffassung vertreten.
Heute erleben wir eine Phase der Not, Erweckung und Einheit. Das war das Fazit einer Versammlung von 20 baptistischen Pastoren aus der russischen Region Rostow mit 20 weiteren aus den ukrainischen Regionen von Donezk und Lugansk in der russischen Grenzstadt Nowoschachtinsk am 11. Juli. Wie ebenfalls in der westlich-kontrollierten Ukraine hat die allgemeine Not die christlichen Kirchen im Donbass enger zusammengeführt. In einem Falle verhinderte das rasche Handeln orthodoxer Nachbarn in Lugansk die Beschlagnahme einer baptistischen Kapelle durch separatistische Streitkräfte. Die humanitäre Hilfe fördert die Verständigung zwischen Menschen verschiedener theologischer und politischer Überzeugungen. Ein weiterer Bericht von Pfingstlern ruft geflohene Pastoren dazu auf, in den Donbass zurückzukehren, um ihre Herden neu zu versorgen.
Ohne die russische Seite reinwaschen zu wollen, twitterte Aleksander Boitschenko aus Odessa am 27. Juli: „Traurig aber wahr: Unehrlichkeit, Verrat und Verleumdung . . . gedeihen in den Reihen der Brüderschaft der Evangeliumschristen-Baptisten in der Ukraine. Das weiß ich, denn ich habe es am eigenen Leibe erfahren. . . . Dennoch meine ich, daß in dieser Lage die Liebe Christi obsiegen wird. Der Sieg des Bösen kann nur vorübergehend sein. Zum Schluß siegt die Liebe immer.“ Boitschenko. ein langjähriger Pastor innerhalb der Baptistenunion der Ukraine, wechselte 2011 in eine neugeschaffene Gemeinde der Evangeliumschristen.
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Todesfälle
Kollegen und Mitarbeiter aus der sowjetischen Ära versammelten sich einmal wieder – womöglich zum letzten Male – bei der Trauerfeier für Aleksei Bytschkow (geb. 1928) in der Zentralen Moskauer Baptistengemeinde am 17. Juli. Von 1971 bis 1990 hatte Bytschkow als Generalsekretär des „All-Unionsrats der Evangeliumschristen-Baptisten“ gedient. Das Eintreffen der Glaubensfreiheit 1990 hatte die Sprengung des einst monolithischen All-Unionrats zur Folge und führte zur Entstehung dutzender evangelischer Denominationen. Obwohl die baptistische Führung der Sowjetära um 1990 den Hut nehmen mußte, verhielten sich ältere Leiter wie Bytschkow und der verstorbene Michail Zhidkow loyal. Sie blieben aktiv – solange es der Gesundheitszustand erlaubte – in den Bildungs- und humanitären Initiativen des Bundes.
Einer der Kondolierenden bei Bytschkows Trauerfeier war der Moskauer Pastor Aleksander Kosynko (geb. 1956), der selbst am 6. August einem Herzinfarkt erlag. Ausgebildet in der Sowjetunion und in Buckow/DDR, beherrschte Kosynko sowohl Englisch als auch Deutsch. Er diente als Gründungspräsident des „Moskauer Theologieseminars“ von 1993 bis 2006. Sein Nachfolger ist bis heute dort aktiv: Peter Mitskewitsch.
Dr. phil. William Yoder
Smolensk, den 18. August 2015
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