Alle Kinderheime abschaffen
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Über die Bemühungen des ukrainischen Pastors Gennadi Mokhnenko
M o s k a u -- Die große Mehrheit der Menschen guten Willens im Osten Europas wünscht den Erhalt und Ausbau von Waisenhäusern. Doch der ukrainische Pastor Gennadi Mokhnenko will das genaue Gegenteil – er will sie abschaffen. In einem kürzlich geführten Interview beschreib der charismatische Pastor seinen „Mega-Traum“: „Die feierliche Schließung des letzten Kinderheims auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR.“ Sie alle sollen ersetzt werden durch liebevolle, christliche Familien, die bereit sind, Waisen und verlassene Kinder bei sich aufzunehmen. In einem offenen Brief vom 24. Februar 2011 schrieb er: „Wenn jede (protestantische) Gemeinde drei bis fünf Familien findet, die bereit sind, elternlose Kinder bei sich aufzunehmen, können wir umgehend alle Waisenhäuser in unserem Lande räumen. Die Statistiken beweisen, daß dies machbar sei. Wir müßten es nur halt machen!“ In der Ukraine leben 102.000 Waisen und verlassene Kinder; in Rußland sind es mehr als 1,5 Millionen.
Ende Mai war Mokhnenko einmal wieder in den Schlagzeilen als ein Kurzfilm über sein Wirken, „Der Makarenko von Mariupol“, vom landesweiten Wettbewerb „Offene Ukraine“ zum besten Film des Jahres über Kinderfragen gekürt wurde. Der Film erzählt vom neuen Leben der drogenabhängigen und unversorgten Straßenkinder, die der Pastor und seine Gemeinde in den Kellern und Gassen der Stadt aufgesammelt hatten. (Anton Makarenko war der bekannteste Pädagoge der Sowjet-Ära.)
Heute ist die von Pastor Mokhnenko geschaffene „Republik der Pilger“ (Respublika Piligrim) das größte protestantische Kinderzentrum der Ukraine. Gegenwärtig bietet das Zentrum 400 Kindern eine Heimat; seit der Eröffnung 2001 haben 2.500 Kinder dessen Programm durchlaufen. Mehr als die Hälfte von ihnen sind von Familien oder Internatschulen übernommen worden. Andere leben heute nicht so, wie ihre ehemaligen Erzieher es wünschten, doch dabei sind sie sich gewiß, daß die gute Saat gesät worden sei. „Wir haben leider auch viele Kinder beerdigt,“ räumt der Leiter ein. Dieses Heim ist heute Teil eines Netzwerks von 32 Kinder-Rehazentren in der Ukraine und Rußland, die größtenteils von Mokhnenko gegründet worden sind. Inzwischen werden auch Erwachsene in manchen Zentren betreut.
Gennadi Mokhnenko erblickte 1968 in einer gewalttätigen und alkoholabhängigen Familie in der Hafenstadt Mariupol im Südosten des Landes das Licht der Welt. Im Jahre 1992 gründete er in seiner Heimatstadt eine Gemeinde, die unter dem Namen „Kirche der positiven Veränderungen“ bekannt ist. Anfang der 90er Jahre wimmelte die Stadt vor heimatlosen Kindern; 1998 begannen die Glieder seiner Gemeinde damit, warmes Essen zu den Straßenkindern in ihren Kellern und sonstigen Unterschlüpfen zu bringen.
Nach eigenen Eingaben sind heute 20% der jungen Klienten dieses Werkes HIV-positiv; neben der Einschulung der teils analphabetischen Kinder hat es deshalb die Rehabilitierung von Drogen- (und Klebstoff)-Abhängigen auf seine Fahne geschrieben. Das Werk beschreibt die „Domestizierung“ der Kinder, die Gewöhnung der Kinder an das Familienlieben und an einen geregelten alltäglichen Schulablauf, als eins ihrer Hauptziele. Doch dabei kommt das Geistliche nicht zu kurz. In einem Interview versicherte der Gründer der Arbeit: „Alle unserer Erfahrungen zeigen, daß ohne eine tiefe Bekehrung, daß ohne eine tatsächliche geistliche Neugeburt, auch die großartigsten pädagogischen Konzepte nicht greifen.“
Mokhnenko ist selbst nicht nur ein begabter Manager – er geht mit gutem Beispiel voran. Neben den eigenen drei Kindern haben er und seine Ehefrau Jelena die Vormundschaft für 21 weitere Kinder übernommen. Gegenwärtig wohnen zwischen 11 und 13 von ihnen unter einem Dach mit dem Ehepaar. Er versichert, einige der Kinder seien ihm bereits so nahe wie die „eigenen“: „Ich kann mir das Leben ohne sie nicht mehr vorstellen.“
Selbstverständlich hat sich eine Arbeit dieser Größenordnung ohne die kräftige Mithilfe von Verbündeten nicht aufbauen lassen. Ein Hauptförderer ist das in Sacramento/Kalifornien beheimatete „Haus des Brotes“. Diese charismatische Gemeinde besteht größtenteils aus slawischen Einwanderern und wird von dem 37-jährigen Ukrainer Alexander Schewtschenko geleitet. Auch Baptisten sind mit von der Partie: Mokhnenko gibt an, ein ganzer Container humanitärer Hilfe aus einer US-amerikanischen Baptistengemeinde sei den Projekten „eine gewaltige Hilfe“ gewesen.
Gennadi Mokhnenko sitzt selbst im Vorstand der Aktionen „Ukraine ohne Waisen“ und „Du wirst gefunden“. Die 2010 gegründete Aktion „Ukraine ohne Waisen“ setzt sich zum Ziel, bis 2015 das Land „waisenfrei“ zu machen. Sie wird unterstützt u.a. von dem Fernsehsender „Christian Broadcasting Network“ (CBN) des Pat Robertson sowie den nordamerikanischen Werken „CoMission“, „Compassion International“ und der baptistisch-liierten „Peter Deyneka Russian Ministries”. Die Aktion „Du wirst gefunden“ hat eine sehr ähnliche Zielsetzung und wird von anderen christlichen Werken in den westlichen Staaten gefördert.
Nach anfänglichen Widerständen ist auch die Kommune von Mariupol mit an Bord: Inzwischen kommt sie für die Strom- und Heizungskosten des Hauptgebäudes des Kinderzentrums auf. Der Leiter beschreibt das Verhältnis zur Stadt als „sehr gut“.
Die Gleichberechtigung schwuler Paare
Der diakonische Einsatz für das einzelne Kind verbindet die „Republik der Pilger“ mit einem gesellschaftspolitischen Engagement, das u.a. in öffentliche Kundgebungen und Fahrradexpeditionen seinen Ausdruck findet. Als Ende Februar das ukrainische Parlament die „Europäische Konvention über die Adoption von Kindern“ ratifizierte, löste der Schritt heftige Proteste seitens der obengenannten Kinderinitiativen aus. Peter Dudnik, ein charismatischer Pastor in Slawjansk, meinte, es sei ein Plus, daß elternlose ukrainische Kinder nun bessere Chancen hätten, von westeuropäischen Familien adoptiert zu werden. „Es ist dennoch ein eindeutiges Minus, daß gleichgeschlechtliche Familien ukrainische Waise adoptieren dürfen.“
In dem genannten, offenen Brief vom 24. Februar rief Gennadi Mokhnenko dann zu einer „radikalen, nationalen Adoptionsstrategie“ auf, um „eine landesweite Schande abzuwenden“. Durch das massive Stellen von Adoptionsanträgen könnten Protestanten gleichgeschlechtliche, westeuropäische Paare aus den Warteschlangen verdrängen. Das Aufnehmen aller vorhandenen Waisen würde kindersuchenden, gleichgeschlechtlichen Paaren das Wasser abgraben.
In diesem Brief rief er zur Beilegung aller konfessionellen Streitigkeiten im Kampf gegen die Aufwertung gleichgeschlechtlicher Ehen auf. „Wir müssen den Politikern klarmachen, daß die öffentliche Meinung diesen Frevel nicht stillschweigend hinnehmen werde.“ Er meinte ferner: „Wenn wir nicht bald aufwachen und uns gemeinsam diesem Übel widersetzen, wird ein Fluch über unser Land und über unsere Kinder kommen. Sie werden dann in 10 oder 15 Jahren in einem völlig veränderten Land leben müssen.“
Kommentar
Diese Reaktion ist u.a. als eine Überreaktion zu interpretieren, denn die revidierte Konvention vom 27. November 2008 überläßt es dem jeweiligen Mitgliedsstaat, ob er gleichgeschlechtlichen Paaren die Elternschaft ermöglicht. Die Konvention nötigt keinem Staat die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Ehen auf.
Viel Gutes läßt sich dennoch dem Einsatz des Mariupoler Pastors abgewinnen. Die demographische Krise der GUS-Staaten ließe sich auch teilweise dadurch bewältigen, daß man mehr Reserven aus den bereits existierenden Erwachsenen und Kindern holt, die am Rande der Gesellschaft ihr Dasein fristen. Diese Reserven würden uns allen zugute kommen. Wie die Liebe Christi auch den sexuellen Minderheiten zugute kommt, bedarf nicht nur in Westeuropa der weiteren Klärung.
Dr.phil. William Yoder
Smolensk, den 15. Juni 2011
Pressedienst der Russischen Evangelischen
Allianz
Eine Veröffentlichung der Russischen Evangelischen Allianz. Sie will informieren und erhebt nicht den Anspruch, eine offizielle Meinung der Allianz-Leitung zu vertreten. Meldung Nr. 11-11, 1.065 Wörter oder 7.691 Schläge mit Leerzeichen.
Anmerkung
von Juni 2020: Nach dem Maidan von Februar 2014 entschied sich Gennadi Mokhnenko, eine entschieden militante Haltung gegenüber prorussischen Aktivitäten in den separatischen Republiken von Donezk
and Lugansk einzunehmen. Siehe u.a. unsere Meldung vom 2. Juli 2015. Eine seiner bekanntesten Aussagen enthielt die Zusicherung, daß er persönlich bereit wäre, Wladimir Putin eigenhändig zu
ermorden.