Gott führt das zu Ende, was er angefangen hat
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Baptistisches Seniorenheim in Belarus offiziell eingeweiht
M o s k a u / K o b r i n – Weder Staatsvertreter noch orthodoxe Kirchenvertreter waren am 26. Juni zugegen als Hunderte Kobriner Baptisten die Eröffnung des ersten, nichtstaatlichen Altenheims Weißrußlands mit 54 Plätzen feierten. Allerdings waren 52 Gäste aus Missouri/USA dabei. Sie – d.h. die Unterstützer eines Netzwerkes baptistischer Altenheime im Bundesstaat Missouri – sind auch für die meisten Kosten des großartigen „Baptist House of Mercy“ (Gnade) aufgekommen. Erstaunlicherweise hatte das sanierte und erweiterte Gebäude auf dem Gelände des baptistischen „Zhemtschuzhinka“ (Perlchen) Kinderlagers in Imenin wenige Kilometer nördlich von Kobrin nicht mehr als $500.000 US gekostet. Sachspenden vor allem aus Westeuropa kamen noch hinzu.
Trotz des prächtigen Gebäudes mit seinen 54 Plätzen betonte der Baufachmann Stepan Trubtschik (Kobrin), die treibende Kraft hinter dem Vorhaben, daß die Dienstaufnahme sehr bescheiden ausfallen würde: „Wir werden mit einem, zwei oder drei baptistischen Gästen anfangen. Wir müssen ja bei Null anfangen – wir haben keine professionelle Erfahrung im Umgang mit Senioren.“ Bewohner aus anderen Quellen wären für den Einstieg riskant – weißrussische Baptisten werden als Meerschweinchen dienen müssen. Es gibt auch keine sofortige Lösung für die immensen Kosten, die die Versorgung alter Menschen verursacht. Iwan Hrytsiuta, der Stellvertretende Direktor von Zhemtschuzhinka, meint, die bescheidenen Renten der Bewohner würden ein Großteil der laufenden Kosten decken.
Andere zeigen sich weniger optimistisch, doch der baptistische Anwalt und Heimleiter Leonid Petrutschik (Brest) rechnet bereits im August mit dem Einzug der ersten Bewohner. „Das Gas ist noch nicht angeschlossen,“ räumte er ein. „Also kommen wir noch ohne Wärme aus.“ Staatliche und baptistische Dokumentationsaufgaben sind ebenfalls noch nicht abgeschlossen. Dank der Gesundheitslager für Kinder nebenan, sind ein Arzt und Pflegekräfte bereits vor Ort.
Vorerst werden Bewohner nur probeweise angenommen. Nicht alle Klienten sind bereits davon überzeugt, auf Dauer dort leben zu wollen und möchten es erst einmal für einige Tage oder Wochen versuchen. Hrytsiuta fügte hinzu, die weißrussische Gesetzgebung gestatte es einem nicht, bereits auf Anhieb einen Gast für mehr als ein halbes Jahr aufzunehmen. Doch wenn der erste Aufenthalt gelingt, stünde eine Fortsetzung in der Regel nichts im Wege.
Stepan Trubtschik, der weiterhin an einer Anfang des Jahres durchgeführten Halsoperation leidet, scheint das uneingeschränkte Vertrauen der langjährigen Freunde aus Übersee zu genießen. Trubtschik könne zwar, nach Auffassung eines amerikanischen Freundes, der in Kobrin dabei war, keine 5.000 Menschen mit fünf Fischen beköstigen, aber er könne immerhin „aus einem Dollar drei machen“. Dank der niedrigen Stundenlöhne und der Freiwilligen sowie der hervorragenden Beziehungen mit Zulieferfirmen, können die weißrussischen Baptisten mit westlichen Geldspenden eine außerordentlich effektive und hohe Wirkung pro Dollar erzielen. Die Holzbetten wurden von der Aussiedlermission „Friedensbote“ (Meinerzhagen) gestiftet; die ebenfalls attraktiven Patchworkdecken (Quilts), die auf ihnen liegen, wurden von Baptistinnen aus Missouri genäht. Manches fehlt noch: Wer könnte z.B. Besteck, Teller und Küchenutensilien spenden?
Die Anfänge
Im Jahre 1990 ging die „Missouri Baptist Convention“ eine offizielle Partnerschaft mit der Kirche, die bald danach als Baptistenbund von Belarus bekannt wurde, ein. Der Bau der neuen Kobriner Baptistenkirche – ihre 1.400 Plätze macht sie wohl zum größten baptistischen Kirchenbau Europas – sowie die Eröffnung des Kinderlagers Zhemtschuzhinka im Jahre 1995 fanden während der Laufzeit der Partnerschaft zwischen diesen beiden Bünden statt. Diese Partnerschaft war jedoch als befristet konzipiert und nach mehreren, wenn auch kurzen Verlängerungen wurde die Partnerschaft 2002 offiziell beendet.
Doch nicht alle, die sich für Belarus engagiert hatten, waren bereit, von den begonnenen Projekten Abschied zu nehmen. Die Schaffung der selbstständig fungierenden, in Jefferson City beheimateten Stiftung „Future Leadership Foundation” (FLF) war ein Ergebnis des Widerstandes gegen das Abrücken von Belarus. Im Jahre 2005 fragte FLF-Präsident Roger Hatfield den Präsidenten des „Missouri Baptist Home“ (MBH), Steven Jones, ob sein Diakoniewerk bereit wäre, beim Aufbau eines der ersten christlichen Altenheime Osteuropas die Führung zu übernehmen. Dazu fand sich die Führung des Werkes bereits und 2006 wurde mit dem Spendensammeln für das Kobriner Zentrum begonnen.
Die Baptisten aus Missouri sind dafür bekannt, daß ihre Dienstgemeinschaften miteinander verwoben sind und keine der Organisationen nur einer einzigen Aktivität nachgeht. Das „Baptist Home“ z.B. hat sich für den Bau eines Seniorenheims für Pastoren – sowie für den Bibeldruck - in China engagiert. Die FLF unterstützt das baptistische Seminar in Minsk. FLF arbeitet auch bei den 1976 gegründeten “Crown (Krone) Financial Ministries” mit, die einzelne Christen sowie Organisationen darin unterweisen, wie sie am besten christliche Prinzipien auf ihr persönliches und geschäftliches Finanzverhalten anwenden können.
In seiner kurzen Ansprache beim Einsegnungsgottesdienst in der großen Kobriner Kirche wies Wiktor Krutko, Unionspräsident der weißrussischen Baptisten, darauf hin, daß der Barmherzige Samariter auch ein zweites Mal erschien, um die in der Herberge entstandenen Kosten zu begleichen. Doch die Gäste bestätigten wiederholt, ihr Engagement in Kobrin sei nur langfristig zu verstehen. Steven Jones vom „The Baptist Home“ versicherte: „Gott führt das zu Ende, was er auch angefangen hat.“ Das MBH möchte dazu beitragen, daß die Mitarbeiter des „Baptist House of Mercy“ mit der notwendigen Ausbildung in Pflege, Wirtschaft und Buchhaltung ausgestattet werden. Es hat sogar einen Fonds ins Leben gerufen, der speziell für die Deckung der laufenden und künftigen Kosten des Kobriner Heims bestimmt ist.
Die Gäste äußerten die Hoffnung, das Kobriner Modell würde sich als „ansteckend“ und als Multiplikator in Zentral- und Osteuropa erweisen. Sie unterstrichen ihre Bereitschaft, Projekte auch anderswo – z.B. in Rußland – zu unterstützen. Doch Kobrin soll Mittelpunkt und „Mutterhenne“ ihrer Bemühungen bleiben. „Wir kümmern uns nicht nur um die Heimpflege,“ erläuterte Jones. „Die häusliche Pflege ist auch eine wichtige Option. Wir möchten Gemeinden helfen, sich alternden Menschen zuzuwenden, ganz gleich in welcher Umgebung sie sich befinden mögten.“
Das Kobriner Lager und Heim bleiben ausschließliches Eigentum des weißrussischen Baptistenbundes. Missouri möchte nur als einer von mehreren Helfern fungieren; sie möchten nur beratende und unterstützende Funktionen wahrnehmen. Sie wollen ihre Bemühungen als bedingungslosen Ausdruck christlicher Liebe für die Menschheit überhaupt verstanden wissen. Die Gäste aus Missouri würden sich freuen, wenn auch orthodoxe Kreise an künftigen Projekten beteiligt sein könnten.
Bezüglich der Tatsache, daß US-weißrussische Beziehungen schlecht seien, meinte Jones: “An der Politik sind wir nicht interessiert. Wir sind nicht hier vor Ort, um mit anderen in Konflikt zu geraten. Wir wollen mit anderen zusammenarbeiten und im Namen Christi Hilfe und humanitäre Unterstützung gewähren.“ Stefan Trubtschik ließ wissen, die staatliche Zustimmung zur Arbeit von Lager und Heim gewährt sei: „Wir haben keine wirklichen, staatlichen Hindernisse.“ Doch in finanzieller Hinsicht ist das Heim völlig auf sich selbst gestellt.
Auf ihrem Gelände befaßt sich Zhemtschuzhinka mit der Landwirtschaft in der Hoffnung, die Einnahmen aufzubessern. Demnächst werden die Heimbewohner vom Duft backenden Brotes geweckt werden. Eine Bäckerei nebenan mit sieben Mitarbeitern und Sachspenden aus Deutschland soll im August oder September die Arbeit aufnehmen. Trubtschik hat noch weitere Projekte im Visier: Ein neues Zentrum auf dem Gelände, das Massage sowie Wasser und andere Formen physiotherapeutischer Therapie der Öffentlichkeit gegen Gebühr offeriert, würde ebenfalls die Einnahmeseite aufbessern. Zahntechnische Geräte sind bereits seit einigen Jahren im Einsatz.
Zur Lage in Osteuropa
Wahrscheinlich das erste protestantische Seniorenheim auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion war das Heim “Tabita”, das im Jahre 2000 von der reformierten Gruppe “Holland-Help” in Iabiona/Moldawien eröffnet wurde. Das erste protestantische Seniorenheim Rußlands, das lutherische „Carl-Blum-Haus“ mit seinen 24 Betten bei Gussew im Gebiet Kaliningrad/Königsberg, machte 2006 seine Tore auf. Kobrin ist ein drittes Heim – das erste in Belarus. Trubtschik berichtet, die weißrussischen Orthodoxen verfügten über eine Art Sanatorium; alle anderen Altenheimen in diesem Lande mit seinen 9,5 Mio. Einwohnern befinden sich in staatlicher Hand.
Ein Foto vom Kobriner Heim befindet sich auf der Webseite: “www.thebaptisthome.com/bhomhome.html”; das Heim kann erreicht werden unter „kobrincamp@mail.ru". Die Anschrift der “Future Leadership Foundation” lautet: “www.flfmissions.org”.
Dr.phil. William Yoder
Moskau, den 5. Juli 2010
Pressedienst der Russischen Evangelischen
Allianz
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