· 

Hand der Freundschaft nach Georgien ausstrecken

Wir reichen Ihnen die Hand der Freundschaft

----------------------------------------------------------------------------

Stellungnahme der Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten zum Krieg in Georgien

 

M o s k a u – In den vergangenen 15 Jahren sind die Baptisten Rußlands und Georgiens einander fremd geworden. Nach Jahrhunderten der Freundschaft zwischen unseren beiden Völkern beklagen wir die Tatsache, daß unsere Freundschaft im Sterben begriffen ist. Wir Baptisten haben uns voneinander entfernt. Wir Russen durchleben keine einfache Phase. Wir ehren und lieben aufrichtig die Christen im Kaukasus und auch im Westen überhaupt. Doch nun werden wir Russen der Aggression unterstellt und wir haben nicht das Gefühl, daß viele unserer Schwestern und Brüder im Westen uns als Ausnahmen ansehen.

 

Wir wissen oftmals nicht, was wir zu tun und sagen hätten. Wo steckt die eigentliche „Wahrheit“ bezüglich des Konflikts zwischen Georgien und Rußland? Wir stehen sehr reserviert dem „Informationskrieg“ gegenüber. Seit einer sehr langen Zeit werden unsere Völker von der Propaganda heimgesucht, doch der mit Worten geführte Krieg wird nun stark verfeinert und professionalisiert. Wir hören von „Spin doctors“ (Deutungs­künstlern) und von einer Verwischung der Grenzen zwischen PR und Werbung. PR-Firmen wie die „Renden-Gruppe“ in USA (es gehören auch russische Organisationen zu ihrem Kundenkreis) beschreiben sich selbst als „Informationskrieger“ und „Auffassungs-Manager“ (perception managers), die Journalisten mit Informationen versorgen. Schon deshalb können wir nur mit äußerster Vorsicht weitgehende Urteile fällen.

 

Wir Gläubigen müssen uns dem Schlachtgewühl entziehen; wir dürfen uns nicht in eine enge, selbstsüchtige, politische Parteilichkeit hineinziehen lassen. Die Georgier haben das Gefühl, überfallen zu werden. Russen vertreten die Auffassung, sie würden dem schwachen und ungeschützten Volk der Osseten zu Hilfe eilen. Beide Seiten haben sich an Kriegsverbrechen beteiligt. Wir müssen tiefer schauen und den Krieg als das geißeln, was er wirklich ist: ein Ausdruck satanischen Hasses. Der Krieg führt niemals tragfähige Lösungen herbei und führt nur in weitere Kriege hinein. Der Krieg hinterläßt nur Verlierer. Gott verurteilt aufs schärfste den Krieg in Georgien – und das müssen wir auch tun. Dieser Krieg hat auch seine geistlichen Ursachen und denen müssen wir auf den Grund gehen.

 

Die Ausdehnung der NATO und die russische Reaktion darauf sind dabei, Europa erneut zu spalten. Die  NATO und ihre Raketen dringen in die einst sowjetische Einflußsphäre vor. Wenn sich die NATO und Rußland als Gegner gegenüberstehen, dann kann die Ausdehnung der NATO nur Angst und Verdacht auf der anderen Seite erzeugen. Der Krieg in Georgien ist ein Ergebnis dieser Furcht.

 

Den Schwestern und Brüdern in Georgien reichen wir die Hand der Freundschaft. Wir laden sie ein, mit uns ins Gespräch zu kommen. Das gleiche gilt für die anderen Staaten und Völker, die einst zur sowjetischen Interessensphäre gehörten. Wir müssen über die Vergangenheit reden – nicht allgemein, sondern darüber, in welcher Weise wir an den Vergehen der sowjetischen Regierung mitschuldig geworden sind. Wir Russen besitzen ein sehr belastetes Erbe und es besteht Erklärungsbedarf.

 

Doch im gleichen Atemzug müssen wir ebenfalls von der Zukunft reden. Wie können wir, die einst im östlichen Block lebten, eine große Friedenskraft entwickeln? Wir dürfen auf keinen Fall in die Vorgehensweisen und Bedingungen des Kalten Krieges zurückfallen – wir Russen wollen nicht noch einmal vom Westen isoliert sein. Zusammen könnten wir eine beachtliche Stimme zur Stärkung von Frieden und Verständigung bilden. Gemeinsam könnten wir evangelikale Christen dazu beitragen, die gegenwärtige Tendenz hinein in einen wiedererwachenden Kalten Krieg umzukehren.

 

Pastor Witali Wlasenko, Abteilungsleiter für kirchliche Außenbeziehungen

Pastor Juri Sipko, Präsident

Russische Union der Evangeliumschristen-Baptisten

Moskau, den 28. August 2008

 

Eine offizielle Veröffentlichung der Abteilung für kirchliche Außenbeziehungen bei der Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten. Zur Veröffentlichung freigegeben. Meldung Nr. 08-39, 520 Wörter.