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Moskauer Zeitung attackiert christliche Universität

Den Erntedank feiern – nicht Halloween

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Erwiderungen auf einen offenen Brief in der „Sowietskaja Rossija“

 

M o s k a u – Ein offener Brief, der die Moskauer “Russian-American Christian University” (RACU) scharf verurteilt, ist am 25. Oktober in der kommunistisch-geführten Zeitung „Sowietskaja Rossija“ erschienen. Der von Filmemachern, Journalisten und Professoren unterzeichnete Brief behauptet, es seien bereits 15.000 Unterschriften gesammelt von Menschen, die gegen den Bau eines neuen Hochschulgeländes protestieren. Der offene Brief versichert sogar, die RACU würde Halloween begehen und damit die Teufelsanbetung fördern. „Das ist ein Vorwurf von gestern,“ erklärt Dr. David Broersma, Dekan der RACU. „Unsere Widersacher bringen ständig Erntedank und Halloween durcheinander. Jedes Jahr feiern wir Erntedank, aber Halloween haben wir noch nie begangen. Ich höre jedoch, daß Studenten an manchen staatlichen Universitäten angefangen haben, Halloween zu feiern.“ Die Überschrift des Briefes ist dem Suchtmileau entliehen: „An der baptistischen Nadel“.

 

Die RACU (in Rußland gilt sie nur als Institut und wird deshalb „RACI“ genannt) mußte seit dem Vorlesungsbeginn 1995 mehrmals umziehen. Proteste gegen die Universität gipfelten im Frühjahr 2006 als mit dem Bau des dringend benötigten Unikomplexes angefangen wurde. Mehr als 10 Demonstrationen haben sich seitdem vor der Baustelle neben einem orthodoxen Friedhof im Moskauer Norden ereignet. Broersma gibt an, daß trotz eines gerichtlichen Baustopps die Bauarbeiten wieder fristgemäß vonstatten gehen und, daß mit einer Einweihung im Frühling 2008 zu rechnen sei.

 

Der offene Brief äußert Erstaunen darüber, daß die Hochschule trotz dürftigen wissenschaftli­chen Niveaus über eine staatliche Akkreditierung verfügt. Der US-Amerikaner und Nichtbaptist erwidert: “Die wissenschaftliche Prüfungskommission hat uns 2003 von oben bis unten durchleuchtet. Dieser Vorwurf ist gegenstandslos. Wir meinen, wir werden auch bei der nächsten Akkreditierungs­unter­­su­chung 2008 alle Hürden nehmen.”

 

Broersma kann sich das Trommelfeuer über den Vorwurf des Proselytismus nicht erklären. Der offene Brief bezeichnet die Einrichtung als “baptistisch” – doch fast die Hälfte aller Professoren (und manche Studenten) sind orthodox. Der Dekan räumt ein: “Alle Studenten müssen bei ihrer Bewerbung in einem Schreiben bestätigen, daß sie einen christlichen Glauben haben. Doch orthodoxe Glaubensbekundungen nehmen wir widerspruchslos entgegen. Uns geht es nicht darum, den Glauben eines Christen durch einen zweiten christlichen Glauben zu ersetzen.”

 

RACU gehört zu den mehr als 70 Hochschulen in 24 Ländern, die mit dem in Washington beheimateten “Council (Rat) of Christian Colleges and Universities” assoziiert sind. Allein in Nordamerika vertritt der CCCU 102 Universitäten und Hochschulen – nur einige von ihnen sind baptistisch. Die Idee einer geisteswissenschaftlich ausgerichteten, christlichen Hochschule am Standort Moskau erblickte das Licht der Welt 1990 als anerkannte russische Hochschullehrer christlichen Hochschulen und Universitäten in Nordamerika einen Besuch abstatteten.

 

Dieser offene Brief nationalistischer Ausrichtung rügt einen Satz des in Washington ansässigen RACU-Präsidenten Dr. John Bernbaum: “Unser Hauptziel ist das Heranbilden der potentiellen Leiter eines neuen Rußlands.” Broersma erklärt: “Genau diese Hoffnung hat jede Universität der Welt. Doch das sagen wir nicht mehr – es kann mißverstanden werden.” Der Brief impliziert, es seien gerade protestantisch-ausgebildete Kreise gewesen, die in der Ukraine die Orange-Revolution veranstalteten. „Aber die RACU ist eine Ausbildungsstätte. Wir betätigen uns in keiner Weise politisch,“ fügt der Dekan hinzu.

 

Die Beziehungen der RACU zur orthodoxen Kirche verschlechterten sich im März als Wsewolod Tschaplin, ein Sprecher der von Metropolit Kyrill angeführten „Abteilung für kirchliche Außenbeziehungen“ beim Moskauer Patriarchat, sich öffentlich kritisch äußerte. In einem Aufsatz unter dem Titel „Das Taufen des Zäsars“, hatte sich John Bernbaum auf die sehr niedrigen Besucherzahlen bei orthodoxen Gottesdiensten berufen als Beleg dafür, daß das russische Volk nicht mehr orthodoxen Glaubens sei. Er schrieb ferner: „Trotz aller Hoffnungen und selbstopfernden Mühen Tausender westlicher und russischer Evangelisten, hat sich in Rußland keine nennenswerte geistliche Erweckung gezeigt.“ Tschaplin erwiderte: Bernbaum habe die Entwicklung geistlichen Lebens in unserem Lande „auf das proselytisierende Wirken protestantischer Prediger reduziert“. Aus weiteren Ausführungen des Textes zog Tschaplin den Schluß, der RACU-Präsident hege eine persönliche Feindschaft gegenüber der Orthodoxie.

 

Pastor Witali Wlasenko, seinerseits Abteilungsleiter für kirchliche Außenbeziehungen bei der Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten, gibt zu Protokoll: “Die RACU ist keine baptistische Organisation, doch wir wünschten, die RACU würde enger mit baptistischen und orthodoxen Gremien in Rußland kooperieren. Doch das ist überhaupt kein Grund, der RACU das Existenzrecht zu entziehen. Wir wollen, daß die RACU überlebt. Ohne sie würde Rußland ein Stück der traditionellen, nichtsektiererischen Glaubensvielfalt verlieren, die es so bitter nötig hat. Wir wollen keine monolithische oder totalitaristische russische Zukunft. Anerkennte orthodoxe Führungspersonen wie Kyrill und Tschaplin haben sich negativ über die RACU geäußert. Wir glauben, daß Mißverständnisse vorhanden sind, denn diese beiden Leiter dürfte man niemals als russische Nationalisten abtun. Alle Seiten müssen ernsthaft in den Dialog treten und versuchen, die vorhandenen Mißverständnisse zu klären.”

 

Anatoli Ptschelintsew, ein Anwalt des protestantisch-liierten “Slawischen Rechtszentrums” in Moskau, berichtet, daß die Professoren- und Studentenschaft der RACU jede juristische Rechtshabung hätte, um bei der “Sowietskaja Rossija“ den Abdruck einer Gegendarstellung einzufordern.

 

Dr. William Yoder

 Abteilung für kirchliche Außenbeziehungen der RUECB

Moskau, den 29. November 2007

 

Eine Presseerklärung der Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten. Zur Veröffentlichung freigegeben. Meldung Nr. 07-50, 765 Wörter