In Rußland mangelt es an Guten Samaritern
M o s k a u – Beim Nationalen Gebetsfrühstück der russischen Protestanten im Moskauer Präsidentenhotel am 13. März beklagte Juri Sipko (Moskau), Präsident der Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten, den eklatanten Mangel an Guten Samaritern in seiner Gesellschaft. Vor den 250 versammelten Geschäftsleuten, Politikern, Pastoren und Journalisten versicherte er, daß nach dem Niedergang des Kommunismus „unsere Moral keineswegs ein solches Niveau erreicht hätte, daß wir uns zu den Leidenden hinneigen würden“. Dafür fehlten den Menschen zwei fundamentale Wahrheiten: Gott und auch den Nächsten mit ganzem Herzen und Verstand zu lieben.
Bei diesem siebten Frühstück in den letzten 12 Jahren ist erstmals ein russisch-orthodoxer Geistlicher als offizieller Abgesandter seiner Kirche aufgetreten. Im wesentlichen wiederholte Vater Igor Wyzhanow (Moskau), Sekretär der orthodoxen Abteilung für Außenbeziehungen, die Auffassungen seiner protestantischen Vorredner. Er sagte z.B.: Im Einsatz für einen „konstruktiven Konservatismus“ fühlten sich alle Gläubigen Rußlands vereint. Die Aufrechterhaltung zwischenkirchlicher Zusammenarbeit in einer Phase nationalen Niedergangs führte er “auf unsere Einheit in der Treue zu denselben geistigen Werten“ zurück. Auch ein Rabbi kam beim Essen zu Wort; in einem weiteren Beitrag wurden die Muslime zum Partner im Kampf um die Erhaltung moralischer Werte deklariert.
Sergei Rjachowski (Moskau), Bischof der charismatischen „Vereinigten Russischen Union der Christen Evangelischen Glaubens“ und Mitglied der Vaterlandskammer, meinte, dieser Konsens müsse mehr als nur die leitenden Kirchenmänner vereinen. Im Einsatz für diese Werte dürfe in den Weiten Rußlands nirgendwo ein Pastor oder Geistlicher „erniedrigt werden“.
Zur allgemeinen Entwicklung des Gebetsfrühstücks meinte der Baptistenpastor Witali Wlasenko (Moskau), Vorstandsvorsitzender der Stiftung Nationales Gebetsfrühstück: „Wir kommen stets voran. Noch nie waren so viele Politiker und Repräsentanten des öffentlichen Lebens präsent. Doch die Hauptsache ist nicht, wer kommt, sondern, daß die Gesellschaft die Stimme der Protestanten wahrnimmt. Die Menschen Rußlands müssen von unserem Anliegen, unserem Tun und unserer Liebe erfahren. Sie müssen wissen, daß auch wir Rußland verbessern wollen. Wir sind keine Ausländer – auch wir bilden russische Kirchen.“
Das Frühstück ist unabhängig von allen anderen nationalen Frühstücken in rund 60 Ländern und soll als ein bewußt protestantisches Ereignis fortgeführt werden. Doch das Frühstück ist nicht mehr das einzige Standbein der Stiftung. Eine Feierstunde zum Sieg über den deutschen Faschismus ist ein Ausdruck des Wunsches der Stiftung, einen loyalen und patriotischen Protestantismus darzustellen. Die erste solche protestantische Feierstunde fand am Grab des Unbekannten Soldaten am 9. Mai 2006 statt.
Langsam springt der Funken auf andere Orte über: Am 14. März fand zum zweiten Mal ein regionales Gebetsfrühstück in Kransnojarsk/Sibirien statt; das erste ukrainische Gebetsfrühstück überhaupt wurde für den kommenden November angesagt.
Dr. William Yoder
Abteilung für kirchliche Außenbeziehungen der RUECB
Moskau, den 20. März 2007
Eine Presseerklärung der Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten. Zur Veröffentlichung freigegeben. Meldung Nr. 07-6, 423 Wörter