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Werner und Elisabeth Lanz sind unterwegs in Russland

Zwei Leben im Dienst deutscher und russischer Gemeinden

 

M o s k a u - Nicht nur vom deutschen Wald versteht der Pastor und Forstmeister Prof. Dr. Werner Lanz etwas, sondern auch von der russischen Geographie. Innerhalb von 3,5 Jahren hat er gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth in acht lutherischen Gemeinden des europäischen Rußland gedient. Seit Beginn seines Dienstes für die ELKER (Evangelisch-Lutherische Kirche Europäisches Rußland) im März 2003 haben er und seine Frau bereits in den Nord-Kaukasusgemeinden Stavropol, Pjatigorsk und Prochladni sowie Maiski und Wladikawkas gedient. Danach kamen Jaroslawl an der Wolga und zuletzt die Gemeinde Syktywkar in der Provinz Komi hinzu. Doch die längste Zeit verbrachte das Paar in Gussew/Gumbinnen in der Enklave Kaliningrad/Königsberg: 1,5 Jahre. Doch auch dort mußten Professor Lanz und seine Frau ständig auf Achse sein. Gemeinsam mit der Gemeinde Gussew waren neun weitere, versprengte Dorfgemeinden zu betreuen. Das Paar hat dort monatlich 20-25 Gottesdienste gehalten.

 

In Niederschlesien (im heutigen Polen) lernte der 1930 geborene Pastor den Wald lieben. Durch seine tiefgläubige Großmutter kam der Glaube an Christus hinzu. So bekam schon in jungen Jahren das Leben von Werner Lanz zwei Standbeine. Beruflich diente er sich später in Westdeutschland vom Waldarbeiterlehrling bis zum Oberforstmeister und vom Leiter einer forstlichen Forschungsabteilung bis zum Hochschul­professor hoch. In den besten Berufsjahren nahm er neben Ehefrau und vier Kindern noch ehrenamtliche Aufgaben u.a. beim Marburger Kreis und bei der Telefonseelsorge in Mannheim wahr. Er predigte, wirkte in Gemeindeleitungen mit und aus seinem Studentenbibelkreis in Göttingen ging der noch heute aktive Verein CiF (Christen in der Forstwirtschaft) hervor. Fast 20 Jahre arbeitete er in der „Internationalen Vereinigung Christlicher Geschäftsleute und Führungskräfte“ (IVCG) mit, vor allem als Referent.

 

Deshalb fiel ihm die Entscheidung nicht schwer als ELKER-Bischof Siegfried Springer ihn im Rentneralter bat, in den vollzeitlichen kirchlichen Dienst zu treten und nach Rußland zu kommen. Begünstigt wurde die Entscheidung durch das Vorhandensein russischer Sprachkenntnisse. Nach längerer Gemeindearbeit wurde er im Februar 2005 von Erzbischof Georg Kretschmar und Bischof Springer zum Pastor ordiniert. Doch die Forstwirtschaft mußte er deswegen nicht ad acta legen: An der linguistischen Universität in Pjatigorsk durfte er eine Gastvorlesungsreihe über Ökologie und Ethik halten.

 

Auch Frau Elisabeth, eine diplomierte Psychologin, läßt sich immer wieder auf neue Herausforderungen ein. Als zölibatäre Schwester und Mitglied der Jesusbruderschaft Gnadenthal übte sie von 1973 bis 1993 verschiedene Berufe an zahlreichen Orten in Deutschland aus. Danach, bis zu ihrer Eheschließung mit dem Witwer Dr. Lanz im März 2001, wirkte sie als Dozentin für Humanwissenschaften an der Evangelistenschule Johanneum in Wuppertal. (Dort, wo einst auch Bischof Springer studierte.) Nach der Eheschließung wurde sie Hausfrau und zog zu ihrem Mann nach Hann.-Münden. Auch für sie war es eine Selbstverständlichkeit, die weite Reise nach dem Kaukasus anzutreten. Sie sagt schlicht: „Solange meine Kraft reicht, ist es für mich normal, meinen Mann zu begleiten.“

 

Welche Sorgen bezüglich der lutherischen Gemeinden in Rußland hat das Ehepaar? „Unsere Gemeinden sind überaltert,“ stellt Pastor Lanz fest. „Es bedarf einer gezielten Strategie zum Gemeindeaufbau.“ Es sollten attraktive Jugendprogramme entwickelt werden mit zeitgemäßer Verkündigung und Musik. Von einem weiteren Ausbau der Liturgie erwartet er das nicht. Gerade in der Jugendarbeit hat die Propstei Kaliningrad bereits richtige Wege beschritten. Er fährt fort: „Es fehlen die Männer in den Gemeinden. Die Männer sind vom Alkohol und vom Fernseher wegzuholen.“ Seiner Überzeugung nach ist dies bereits manchen Freikirchen gelungen – er denkt z.B. an die Baptistengemeinde Prochladni. Überhaupt ist Werner Lanz für die enge Zusammenarbeit mit anderen protestantischen Kirchen offen: einen gelegentlichen Kanzeltausch sowie gemeinsame Seminare und Evangelisationen kann er sich vorstellen.

 

Von den Gemeinden im Westen wünscht sich Dr. Lanz eine regelmäßige finanzielle Hilfe sowie stabile Partnerschaften, die durch einen Information- und Besucheraustausch untermauert sind. Bessere, ausführliche Informationen in Deutschland, ständige Freundesbriefe sowie Arbeits- und Freundeskreise könnten ein anhaltendes Beten und Mittragen der russischen Gemeinden ermöglichen.

 

Seit Juli 2006 ist das Ehepaar meistens wieder zu Hause in Hann.-Münden. Doch der sportliche Pastor versichert: „Wenn Gott mich ruft, bin ich bereit, auch fernerhin aushilfsweise der Kirche und meinem Herrn Jesus Christus in Rußland zu dienen.“ Es kann ausgeschlossen werden, daß das Ehepaar Lanz von einem Golfplatz auf Mallorca in die Ewigkeit gerufen wird.

 

Die ELKER umfaßt 170 Gemeinden und Gruppen und ist somit die größte Teilkirche der „Evangelisch-Lutherischen Kirche in Rußland, der Ukraine, Kasachstan und Mittelasien“ (ELKRAS). Die ELKRAS wird geleitet von Erzbischof Dr. Edmund Ratz in St. Petersburg.

 

Dr. William Yoder

Moskau, den 24. Oktober 2006                              

 

Eine Presseerklärung bzw. Reportage der ELKER. Zur Veröffentlichung freigegeben. Meldung Nr. 11, 710 Wörter.

Anmerkung von Juni 2021: Seit 2011 verbringt das Ehepaar Lanz seinen Lebensabend in Vindornyafok nahe am Balaton-See 
in Ungarn. Das Paar verließ
Rußland 2006. Inzwischen sind die Bischöfe Kretschmar, Springer und Ratz alle verstorben.