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Heilsarmee gründet Arbeit in der einst ostpreußischen Hauptstadt

Zerrüttete Beziehungen - ein Merkmal der kirchlichen Landschaft von Königsberg

 

K a l i n i n g r a d - Zwei Dinge sind einzigartig in der Stadt Kaliningrad/Königsberg: die zerrütteten Beziehungen unter den protestantischen Denominationen und eine Stadtverwaltung, die sich sozial engagiert. So äußerte sich Kapitän Anatolij Kornelio am 7. November in der einst deutschen Ostseestadt. Er und seine Frau Natalja sind die ersten Mitarbeiter der Heilsarmee seit Kriegsende im Gebiet Königsberg. Mit dieser Beschreibung spielte der 27-jährige Russe italienischer Abstammung auf die Tatsache an, daß die zahlreichen Pfingst- und charismatischen Gemeinden unter sich zerstritten sind. Zerrüttet sind auch die Beziehungen zwischen ihnen und den Baptisten.

 

Die versöhnende Arbeit, die die Evangelische Allianz bis 2002 unter Führung des lutherischen Propstes Erhard Wolfram (heute Hannover) geleistet hatte, ist inzwischen zum Erliegen gekommen. Da die Heilsarmee über gemeinsame soziale und missionarische Projekte die Zusammenarbeit zwischen den Kirch en voranzutreiben versucht, erhofft sich Kornelio eine heilsame, konfessionsübergreifende Wirkung.

 

Kapitän Kornelio wunderte sich auch über das Engagement der Stadtverwaltung zur Linderung der Bedürfnisse heimatloser Kinder. "Das habe ich in Rußland noch nicht erlebt," versicherte er. Hierin sieht er den Kern einer künftigen Zusammenarbeit mit der Kommune. Sobald die erforderlichen Gelder gefunden werden, möchte er sich in der Arbeit unter Straßenkindern und in Kinderheimen engagieren. Anatolij und Natalija Kornelio sind auch an der Studentenarbeit interessiert. Da die Studentenmission Rußland im Sommer ihre Mitarbeiterin aus der Stadt abgezogen hat, hofft das Paar, diese Arbeit fortsetzen zu können. Geplant ist eine Gemeindegründung - gegenwärtig besteht nur ein kleines Büro in der Uliza Stanotschnaja 12.

 

Die Aufnahme der Arbeit in Kaliningrad war mit Widrigkeiten verbunden: Am zweiten Tag nach Eintreffen der Familie im vergangenen Juni schluckte der zweijährige Sohn eine gefährliche Substanz. Nach drei Wochen konnte das Kind das Krankenhaus ohne Operation wieder verlassen. Seine schnelle Genesung begreift die Familie als göttliches Wunder.

 

Die in Moskau beheimatete Heilsarmee verfügt über Arbeit an 17 Standorten im europäischen Rußland mit 200 Mitarbeitern. Im Jahr 1991 nahm die Armee ihre Arbeit in Rußland wieder auf; drei Jahre danach stieß Anatolij Kornelio auf einen Straßeneinsatz der Heilsarmee in seiner Heimatstadt Rostov-am-Don. Da die Mitarbeiter Uniformen trugen und ein Kinderspiel durchführten, hielt sie der kirchenfremde Jugendliche für Zirkusangehörige. Nach Abschluß eines zweijährigen Aufenthaltes an der Bibelschule der Heilsarmee in Helsinki 1999 diente das Ehepaar vor allem in Asov und Moskau. Auch Natalija Kornelio ist Kapitänin der Heilsarmee; sie stammt aus Rostov-am-Don.

 

In Klaipeda/Memel gedeiht eine Arbeit der litauischen Heilsarmee. In Polen hat die Armee noch keinen Standort.

 

Dr. William Yoder

Kaliningrad, den 8. November 2004

 

Verfaßt für den Nachrichtendienst "Idea", 394 Wörter