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„Habitat for Humanity" sucht Freiwillige

Vom Millionär zum Tellerwäscher

 

So beschreibt der Ex-Millionär Millard Fuller den Verlauf seiner glanzvollen Karriere. Denn nachdem er seinen Besitz verschenkt hatte, gründete er 1976 die in Americus, Georgia/USA ansässige Initiative "Habitat for Humanity" (Heimat für die Menschheit). Inzwischen hat die Organisation 80.000 Wohneinheiten für Bedürftige in 60 Ländern errichtet. Doch sehr viel mehr als Unterkünfte sollen gebaut werden: Es gilt, auch die Mühseligen und Beladenen mit aufzubauen. "Der Schwerpunkt ist Hilfe zur Selbsthilfe," versichert Karin Wirth, Referentin für Gemeindedienste im Berliner Büro der Initiative. "Menschen sollen mit organisatorischer und finanzieller Anschubhilfe ermutigt werden, sich selber etwas zu erarbeiten." "Empowerment" (Ermächtigung) ist das Stichwort.

 

Für Gemeinden, die diese Arbeit unterstützen möchten, bietet "Habitat for Humanity" Projektpartnerschaften nach dem  "90-10-Modell" an: Gemeinden aus einem reicheren Land bezahlen 90% der Materialkosten für ein Haus und verrichten 10% der körperlichen Arbeit. Bei den Partnern im ärmeren Land, in dem das Haus gebaut wird, ist es umgekehrt. Frau Wirth meint: "So werden gleichberechtigte Partnerschaften zwischen wirtschaftlich sehr unterschiedlich gestellten Ländern und Gemeinden möglich."

 

Wer auf ein Habitat-Haus hofft, muss in menschenunwürdigen Verhältnissen leben und keine Aussichten auf einen Bankkredit haben. Die Partnerfamilie muss dennoch in der Lage sein, die Baukosten für das eigene Heim langfristig zinslos abzuzahlen. Aus Glaubensüberzeugungen verlangt "Habitat" keine Zinszahlungen von den Familien und macht keinen Profit. Als Bauherr finanziert die Organisation Hausbau oder -instandsetzung vor; die Rückzahlung gelangt in einen rotierenden Fonds, der weiteren Wohnungsanwärtern zugute kommt. Der werdende Hausbesitzer verpflichtet sich ferner, 500 Stunden lang selbst Hand am eigenen Objekt sowie an benachbarten "Habitat"-Häusern mit anzulegen. Soziale Beziehungen zwischen den neuen Hausbesitzern sollen entstehen - deshalb auch wird der Bau von Siedlungen bevorzugt.

 

Das Anliegen richtet sich auch eindeutig an uns besser gestellte Christen. Millard Fullers "Theologie des Hammers" besagt z.B.: "Wahre Religion muss mehr sein als Singen und Reden; wir müssen auch handeln." Ferner sollen alle Christen gemeinsam den Hammer schwingen, um so Gottes Liebe eindeutiger demonstrieren zu können. Offen ist die Arbeit für alle Menschen guten Willens, die die christliche Basis der Arbeit akzeptieren.

 

Rückgrat dieser Arbeit sind die vielen Freiwilligen, die bei Baueinsätzen praktisch mit anfassen. Karin Wirth erzählt von ihrem letzten Baueinsatz in Gliwice (Gleiwitz)/Polen. Dort schuftete ein bürgerliches Schweizer Ehepaar u.a. gemeinsam mit sechs Langzeitarbeitslosen aus Offenburg sechs Tage lang mit Schaufel und Pickel. Dabei sei eine "wunderbare Gemeinschaft" entstanden. Sie resümiert: "Nicht nur den polnischen Familien wurde geholfen, auch die Baueinsatzteilnehmer machten wesentliche Erfahrungen." In Nordirland geschieht diese Arbeit ausdrücklich im Zeichen der Versöhnung: Dort arbeiten Katholiken und Protestanten gemeinsam an der Fertigstellung ihrer Häuser.

 

In den USA zählt "Habitat for Humanity" zu den bekanntesten christlichen Vereinen. Von den rund 2.000 Zweigstellen befinden sich 1.700 in den USA. Zu deren Renommee tragen die Arbeitseinsätze des Altpräsidenten Jimmy Carter bei: Beispielsweise schwang er 1996 in Ungarn für "Habitat" den Hammer.

 

Neben Ungarn bestehen in Polen und Rumänien größere Projekte, doch in Deutschland geht es mit der Arbeit erst richtig los. Seit 1998 besteht in der Göhrener Str. 11 am Prenzlauer Berg ein Büro; ein gegenwärtiges Hauptziel besteht darin, Freunde und finanzielle Mittel für die laufenden Projekte in Osteuropa zu gewinnen.

 

Für eine "kreative Spendenaktion" bei der Potsdamer Bundesgartenschau, die 2001 ihre Tore öffnet, wirbt das Berliner Büro um Freiwillige. Bei einer "Buddelaktion", die vom 16.-23. September 2000 dauert, soll ein Gelände von Unterholz befreit und für den Bau des "Brückenhaus" der Aktion "Kirche und Buga" hergerichtet werden. Diese praktische Hilfe wird von "Kirche und Buga" durch eine Spende belohnt, die in einem Entwicklungsland den Bau von 2-3 Häusern ermöglichen wird. Freiwillige auch für nur einen Tag sind herzlich willkommen.

 

Sonntag, den 17.9.2000, hat "Habitat" weltweit zum "Internationalen Gebetstag für menschenwürdiges Wohnen" erkoren. Christliche Gemeinden sind eingeladen, ihren Gottesdienst an diesem Sonntag dem Thema Wohnen zu widmen. Vorbereitungsmaterialien für Pastoren und Kindermitarbeiter liegen im Berliner Büro vor.

 

Den Freiwilligen von "Habitat" steht die Welt offen.  Ein-bis-dreiwöchige Baueinsätze gibt es dieses Jahr nach Polen, Rumänien, Ungarn, Portugal und in die USA. Angesprochen sind Menschen aller Altersgruppen, handwerkliche Vorkenntnisse sind nicht nötig.

 

Dr. William Yoder

Berlin, Mai 2000

 

Verfaßt für den „Aufbruch“, das Gemeindeblatt der EFG Berlin-Schöneberg, Hauptstr., 661 Wörter

 

Anmerkung von November 2021: Geboren im Bundesstaat Alabama 1935, verstarb Millard Fuller nebenan in Georgia im Februar 2009.