Eine Pressemeldung im Namen der „Cooperative Baptist Fellowship“
"Uns fehlt es an allem," stellte Dr. Levan Akhalmosulishvili, Generalsekretär des baptistischen Bundes von Georgien, während eines Besuches in Berlin fest. "Wir haben kein Heizmaterial und sehr wenig Strom. Achtzig Prozent unserer Bevölkerung ist arbeitslos." Staatliche Kranken- und Waisenhäuser schließen ihre Pforten, viele Angestellte erhalten seit Monaten kein Gehalt mehr. Sogar beim georgischen Parlament ruht derzeit der Betrieb: Aufgrund finanzieller Engpässe nimmt es erst im Frühling seine Geschäfte wieder auf.
Dessen ungeachtet erleben georgische Baptistengemeinden traumhafte Wachstumsraten. Gegenwärtig gibt es 4.500 Mitglieder in 42 Gemeinden, vor nur sechs Jahren bestand dieser Gemeindebund aus 2.000 Gläubigen in 13 Gemeinden. Ethnische Konflikte haben zum Verlust von drei weiteren Ortsgemeinden geführt. Der Mitgliederbestand ist äußerst heterogen: Diese Gemeinden setzen sich aus nicht weniger als 11 Volksgruppen zusammen. In der Hauptstadt Tbilisi besteht eine sich im Aufbau befindliche Predigerschule mit 70 Schülern.
Pastor Akhalmosulishvili, zugleich ein Chirurg in Tbilisi, versicherte: "Wir würden uns sehr freuen, wenn Partnerbeziehungen zwischen Ortsgemeinden oder Gemeindebünden im Westen und uns entstehen. Der gegenwärtige ökonomische Notstand verschafft uns eine einzigartige Möglichkeit, unseren Mitmenschen durch soziale und diakonische Programme mit dem Glauben zu konfrontieren." Zwecks Gründung mehrerer kirchlicher Kliniken haben sich 20 zum Teil arbeitslose Ärzte und rund 30 Schwestern gemeinsam mit Dr. Akhalmosulishvili organisiert. Anvisiert wird zugleich die Bildung landwirtschaftlicher Kooperativen. Kürzlich haben die baptistischen Frauen Großbritanniens eine Olivenpresse gestiftet. Sie soll helfen, das äußerst karge Einkommen der Bauern Georgiens aufzubessern.
Während des am 19. Februar zu Ende gegangenen Besuchs der vierköpfigen Delegation konnte sie in Berlin Restbestände der abgezogenen US-Armee durchstöbern, die heute dem deutschen "Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden" gehören. Aus diesen Beständen wurden medizinische Geräte für neue Kliniken und Möbel für die Predigerschule geholt, die gemeinsam mit der Olivenpresse nach Georgien gebracht werden sollen. Da der deutsche Gemeindebund für den Transport der Armee-Güter nicht aufkommen kann, wird die "Cooperative Baptist Fellowship" (eine zweite Missionsgesellschaft innerhalb der Southern Baptist Convention der USA) die Kosten für zwei Lastzüge übernehmen. Aufgrund der im Kaukasus vorhandenen Unruhegebiete wird der Transport auf einem umständlichen Umweg über die Türkei erfolgen müssen.
Die junge Republik von Georgien zählt nur fünf Millionen Einwohner; ihre z.T. ebenso junge Baptistengemeinden verfügen über keine Exilgemeinschaft im westlichen Ausland. Der Generalsekretär ist der Auffassung, sein Land sei von missionarischen und kirchlichen Organisationen übersehen worden, da sie sich zumeist auf Rußland und die Ukraine konzentriert hätten.
Im kommenden Mai bricht Pastor James Smith/Berlin im Auftrag von der "Cooperative Baptist Fellowship" und der "Europäischen Baptistischen Föderation" zu einer Reise nach Georgien auf.
Dr. William Yoder
Berlin, den 20. Februar 1996
Verfaßt im Auftrag der „Cooperative Baptist Fellowship, Europa“, 409 Wörter
Anmerkung von Oktober 2021: Im Oktober 2013 trennte sich eine von Levan Akhalmosulishvili angeführte „Evangelical Baptist Association of Georgia“ von der größeren „Evangelical Baptist Church of Georgia“. Diese größere Gruppierung wird von Malkhaz Songulashvili geleitet. Inzwischen versammeln sich die wenigen Baptisten Georgiens in wohl vier selbständigen Kirchen; gegenwärtig gibt es ebenfalls eine von Merab Gaprindshvili geleitete Gruppe. Siehe hierzu u.a. unsere Meldung vom 30.3.2017.
James Smith lebt heute als Pensionär im Raum Atlanta/USA.